parallax background

Stories 12: Tideke von Flotow auf Burg Stuer

Blick von der Freundschaftshöhe auf das Tal.
Stories 11: Das nördlichste Skigebiet der DDR
28. Januar 2018
Käthe-Miethe-Haus
Stories 13: Käthe Miethe (Interview mit Cornelia Crohn)
26. Februar 2018


Gesellschaft

Nach einem kurzen Feldweg entlang eines Moores eröffnet sich vor einem der Blick auf die Reste der Burg Stuer. Vom ehemaligen Sitz der Uradel-Familie von Flotow ist nur eine Ruine übrig geblieben. Andreas von Flotow übernahm in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Burg zugleich mit dem Land Malchow, welches er von der Goldberger Fürstenlinie durch Verpfändung erworben hatte. Das Verpfänden von ganzen Landstrichen und Städten war im Spätmittelalter gang und gäbe, um die Kassen der Fürsten, Herzöge und Könige aufzufüllen. Durch dieses Geschäft war die Familie von Flotow im Land für die Rechtssprechung verantwortlich, ernannte den Magistraten der Stadt und übernahm die Verwaltung des Klosters in Malchow. Neuer Wohnsitz wurde die mächtige Anlage der Burg Stuer. Bis zu vier Familien teilten sich die fast rechteckige Vorburg mit den Wirtschaftsgebäuden sowie den Wohnturm und seinen großen Gewölbekeller. Vor Übergriffen gesichert, war die Burg durch einen tiefen Graben und eine Mauer. Verschiedene Schriftstücke aus dem 14. Jahrhundert zeugen zwar von der Wirtschaftskraft und dem Einfluss der Familie von Flotow, erzählen aber nur wenig von ihrem Leben auf Burg Stuer. 1913 versuchte sich Hermann Kroepelin an einem Roman über das Leben Dietrichs von Flotow, der in den Urkunden Thiderik, Thidericus oder Tideke von Flotow genannt wird. Nach dem Tod seines Bruders Andreas übernahm er die Verwaltung des Besitzes der Familie. Neben seinen täglichen Geschäften auf den eigenen Gütern, musste Tideke von Flotow sich um die Rechtssprechung im Land, um das Kloster und die Anliegen der umgebenden Ritterschaft kümmern. Aber sicher warteten auch im eigenen Heim Herausforderungen auf den Familienvorstand. Im folgenden Ausschnitt aus dem Buch von Hermann Kroepelin, beschreibt der Autor, warum Tideke sein Land mit eisender Hand regierte.

Tideke setzte sich, nahm die Hände zwischen die Knie und pfiff leise vor sich hin. Das Sonderbarste war und blieb doch eigentlich, dass sein Bruder Andreas die Anna Gamm gefreit hatte. Er war ja genug dagegen gewesen! Hatte aber nichts daran ändern können! Ja, ja!
Ihm aber, Tideke, hatte seit dem Tage etwas angehangen, Land auf, Land ab; auf allen Hochzeiten gab man das als Spaß zum besten. Und wenn das neue Paar vom Hof fuhr, rief man ihnen nach: „Kommt nicht ins Moor!“ Und der junge Ehemann sah wohl noch einmal aus dem Wagenkasten: „Sitzt doch nicht der Tideke Flotow auf dem Bock?“ Und unter Gelächter ging dann die junge Fuhre ab: „Hü!“
Denn als Tideke die Anna Gamm von ihrem Hof geholt hatte, da war die Fuhre weiß Gott ins Moor geraten. Tideke sah ernst vor sich hin: Hatten geglaubt, sie hätten ihn nun unter sich, den Tideke Flotow. Dadurch daß man ihn zum Gespött machte. Aber sie hatten ihn dann doch anders kennen gelernt! Und für jedes Lachen, das sie hatten seinem Namen nachgeschickt, hatten sie wohl in guter, reichlicher Rechnung auch einen harten Schrecken nehmen müssen am Tideke Flotow. Denn der war den Spöttern von Herzen Feind geworden und hatte danach keine Narrenstreiche mehr gemacht, der Tideke Flotow. Wussten heute alle, dass Tideke Flotow keinen Spaß verstand. Konnte sich niemand rühmen bis heut, dass er hätte mit einem Primelstrauß ihm um die Nase geschwenkt! Weiß Gott! Hätten’s auch nur versuchen sollen!


Auch wenn diese Episode nur der Vorstellungskraft des Autors entsprungen ist, nährt sie jedoch unsere Fantasie beim Betrachten der Ruine. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass die Burg Stuer um das Jahr 1660 abgebrannt ist - der Grund dafür bleibt aber im Dickicht der Geschichte verborgen. Über die Jahre wurden immer wieder archäologische Ausgrabungen auf dem Gelände durchgeführt, die den einen oder anderen interessanten Gegenstand zu Tage förderten. Die letzte überlieferte Nutzung der Burg ist auf das Jahr 1945 datiert. Im Wohnturm soll damals ein kleines Museum seinen Sitz gehabt haben, was beim heutigen Zustand des Turms nur noch schwer vorstellbar ist.